ANAGARIKA GOVINDA

Lama Anagarika Govinda wurde 1898 in Waldheim, Sachsen als Ernst Lothar Hoffmann geboren. Er war ein moderner deutscher Interpret des Buddhismus und Daoismus sowie Schriftsteller und Kunstmaler.

Lektüre: „Der Weg der weissen Wolken“ von Lama Anagarika Govinda
www.lama-govinda.de

ZITATE VON LAMA ANAGARIKA GOVINDA

Teilnahme an den Leiden anderer lässt keinen Platz für das eigene Leiden und führt schliesslich dazu, dass wir über unser eigenes kleines ich hinauswachsen.

Der innerlich zerrissene und gequälte Mensch unserer Zeit, der sich weder seiner unendlichen Vergangenheit, noch seiner unbegrenzten Zukunft bewusst ist, weil er den Zusammenhang mit seinem zeitlosen Wesen verloren hat, gleicht einem Kranken, der an unheilbarer Amnesie leidet, einer Geisteskrankheit, die ihn der Kontinuität seines Bewusstseins beraubt und damit der Fähigkeit, vernunftgemäss und in Übereinstimmung mit seiner wahren natur zu handeln. Für einen solchen Menschen, der sich mit seiner momentanen Existenz identifiziert, ist der Tod absolute Wirklichkeit.

Das göttliche Bewusstsein ist ein lebendiger Strom, der nicht im engen Gefäss eines “Ich” gefangen werden kann, denn seine Natur ist die endlose Bewegung des Fliessens. Das gewöhnliche Bewusstsein jedoch beschränkt sich auf den engen Kreis zeitlicher Ziele und Wünsche, so dass der grosse Fluss gehemmt und abgelenkt und sein Energie vergeudet wird. Wenn das Individuum  auf diese Weise seine Beziehung zum universellen Zentrum verliert und versucht, seine beschränkte Persönlichkeit zum Mittelpunkt zu machen, indem es sich an seine augenblickliche Daseinsform klammert, wird die Illusion einer unwandelbaren, separaten “Ichheit” geschaffen, die sich dem Fluss des Lebens entgegenstemmt. Das Heilmittel hierfür ist nicht die Unterdrückung der Individualität (was nur das entgegengesetzte Extrem wäre), sondern die Erkenntnis, dass Individualität nicht dasselbe ist wie “Ichheit” und dass Wechsel als eine natürliche und notwendige Bedingung allen Lebens, weder willkürlich noch sinnlos ist, sondern auf Grund einer innewohnenden und universellen Gesetzmässigkeit vor sich geht.

Alles was die unendliche Bewegung des Geistes zu hindern, aufzuhalten oder einzuschränken versucht, ist Unwissenheit – gleichgültig, ob sie durch begriffliches Denken, Begierden oder Verhaftungen verursacht wird. Ruhe aber bedeutet nicht Stillstand, sie bedeutet nicht das Anhalten des Denkens, sondern besteht in der Nicht-Behinderung des Bewusstseinsstroms durch künstliche Begriffe und selbstisches Wollen oder durch Unterbrechung des natürlichen Flusses durch Sezierung seiner Bewegungen in isolierte Phasen, in dem zwecklosen Versuch, seine Natur zu analysieren. Dies soll nicht bedeuten, dass wir alles begriffliche Denken aufgeben sollen – was eine Unmöglichkeit ist – sondern nur dass wir uns nicht in ihm verstricken, nicht zu seinem Sklaven werden sollen.

Die wortlose, schweigende Kommunion mit Dingen und Menschen bringt eine tiefere Wahrnehmungsfähigkeit und eine Unmittelbarkeit des Erlebens hervor, die normalerweise von unaufhörlichem Geschwätz erstickt werden, unter dem die Mehrzahl der Menschen ihre Furcht verbergen, einander in der Nacktheit ihrer wahren Natur zu begegnen.

Wie wenig weiss der heutige Mensch von diesen Dingen! Wie kindisch sind die Bemühungen derer, die es als unter ihrer intellektuellen Würde empfinden, die Wirklichkeit geistiger Kräfte zuzugeben, und die statt dessen diese Kräfte mit hochtönenenden wissenschaftlichen Phrasen hinwegzuerklären versuchen, oder die jegliches Erlebnis solcher Wirklichkeiten als Aberglauben oder Halluzination aburteilen. Als ob das letzte Wort der Wissenschaft auch das letzte Wort der Wahrheit wäre, und als ob es keine andere Wirklichkeit gäbe als die der Wissenschaft! Wissenschaft ist bewundernswert in ihrem eigenen Bereich, aber sie kann ebenso wenig auf die Phänomene geistigen Erlebens angewandt werden wie auf die schöpferischen Gestaltungsformen der Kunst.

Durch den Versuch, etwas zu erklären, was über Worte hinausgeht, ziehen wir das Heilige auf das Niveau des Profanen und verlieren damit etwas sehr Wertvolles, ohne jemand anderem zu nützen. So wie sich das Mysterium der Liebe nur entfalten kann, wenn es den Augen der Menge entzogen ist, und wie der Liebende seine Liebe nicht mit Aussenstehenden diskutieren wird, in gleicher Weise kann das Mysterium der inneren Verwandlung nur dann vor sich gehen, wenn es dem müssigen Geschwätz der Welt entzogen bleibt.

Rituale in denen Symbole des Todes, wie Menschenschädel, Skelette, Leichen und alle Aspekte der Verwesung, des Verfalls und der Auflösung dem Menschen zum Bewusstsein gebracht werden, sind Mittel um die Herrschaft über die dunklen Mächte zu gewinnen, welche die Rückseite des Lebens repräsentieren. Wir müssen uns mit den dunklen Seiten des Lebens vertraut machen und uns mit ihnen auseinandersetzen, denn sie haben nur solange Macht über uns als wir sie fürchten. Die dunklen Mächte anzuerkennen oder ihnen Ehrfurcht entgegenzubringen, bedeutet nicht, sie zu besänftigen oder sie zu bestechen, sondern ihnen einen Platz in unserem Bewusstsein einzuräumen, sie in unsere Erfahrungswelt einzuordnen, sie als einen notwendigen Bestandteil der Wirklichkeit zu akzeptieren, der uns lehrt, uns nicht an irgendwelche Erscheinungsformen zu klammern, und uns dadurch von der Bindung an den Körper zu befreien.

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